Kritisch setzte sich Lammert schließlich mit der Entwicklung der Einkommens- und Vermögensentwicklungen auseinander und warnte - ganz im Sinne Raiffeisens - vor dem Verlust des Gespürs für das rechte Maß. In vielen Bereichen verdienten Vorstände heute das 50- bis 100-fache des Durchschnitts innerhalb eines Unternehmens, vor 20 Jahren sei es bestenfalls das 15- bis 20-fache gewesen. Das Verhältnis von Einkommens- und Leistungsunterschieden sei nicht mehr plausibel und finde daher auch keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr.
Mit Blick auf die bereits gegeißelte „Virtuelle Wirtschaft" sprach er von teilweise „grotesken Einkommen" und Bonuszahlungen, die eingeklagt würden, während misslungene Transaktionen und ihre Folgen „beim Steuerzahler angemeldet werden." Dies alles müsse Politik heute lösen, mahnte Lammert. Andernfalls würden sich bei Wahlen Mehrheiten finden, die Lösungen anböten - gleichwohl solche, die nur aus politischen Gesinnungen und ohne jeden ökonomischen Sachverstand agierten, „bei denen uns Hören und Sehen vergehen wird."
Dass es die Genossenschaftsbanken seien, die die Krisenjahre am überzeugendsten überstanden hätten, habe schließlich seine Gründe in den Prinzipien und Traditionen des auf Raiffeisen gründenden Gedankengutes.
Raiffeisens Ideen und Werte seien alles andere als sozial-ökonomische Nostalgie aus dem vorletzten Jahrhundert, sondern geeignet, in moderner Form den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen. Lammert gab den Zuhörern in Montabaur den Philosophen Peter Sloterdijk abschließend
mit auf den Weg: „Die Haupttatsache der Neuzeit ist nicht, dass die Erde um die Sonne kreist, sondern dass das Geld um die Erde läuft." Auch wenn diese „Haupttatsache" als Zustandsbeschreibung Ausdruck ungezügelter Finanzgeschäfte sei und zeige, dass ökonomischem Erfolg und wirtschaftliche Entwicklungen vieles untergeordnet werde, gelte es umzudenken. Die Volks- und Raiffeisenbanken seien hier als Wegbereiter gefordert.